Fünf Jahre nach dem Beginn meiner Behinderung bemerkte ich, dass die vergangenen Jahre als behinderte Person mich mehr über das Leben gelehrt hatten, als die 19 Jahre davor.
Niemand konnte mich auf die neue Herausforderungen vorbereiten. Ich war völlig von meinen eigenen Ressourcen abhängig. Diese Ressource ist der gute, alte Hausverstand, der gesunde Menschenverstand. Die emotionale Intelligenz ist grundsätzlich der gesunde Menschenverstand, wenn das Herz Dinge richtig anordnet und in Beziehung zueinander setzt. Diese funktionelle Intelligenz wirkt in jedem Menschen nach den gleichen Prinzipien.

Ein paar Jahre nach dem Beginn meiner Behinderung, als ich noch keine regelmäßige Physiotherapie hatte, suchte ich in der Literatur nach etwas, das mir helfen könnte, meine Behinderung und meine neuen Lebensumstände zu verstehen.

Meine Mutter starb, als ich zehn Jahre alt war, und ich lebte die ersten Jahre seit Beginn meiner Behinderung in einem Heim für elternlose Jugendliche. In diesem Heim gab es eine kleine Bibliothek, die durch Bücherspenden zustande kam. Ich hatte das Gefühl, dass ich da alles fand, das mir helfen würde, mir näher zu kommen.

Eines Tages fand ich dort ein kleines Buch, das einmal als Beilage einer Frauenzeitschrift herausgegeben wurde. Es ging dabei um die völlige Entspannung, die z.B. auch die Voraussetzung für die Leistungen der Yogameister ist.

Das Buch begann mit einem sehr interessanten Blickwinkel: Demzufolge sollte der Mensch lernen, ohne Sehsinn zu funktionieren. Der Sehsinn ist in diesem Zusammenhang eine schlechte Sache, weil dadurch unsere Aufmerksamkeit nach außen gerichtet wird. In dem Buch wurden einfache Übungen vorgestellt, wie wir lernen können unserem Inneren Aufmerksamkeit zu geben. Ich beschreibe detailliert in dem Artikel „Völlige Entspannung“ diese Übungen.

Ich habe die Übungen ungefähr eine Woche gemacht, und dabei genau auf die Auswirkungen meines Körpers geachtet. Während ich auf dem Boden lag, hatte ich manchmal das Gefühl, als ob mein Körper schwingen würde. Dann kam ein Gefühl, als ob ich im Boden versinken würde.
Manchmal überkam mich das unglaubliche Gefühl, dass die tolle Entwicklung und Technologie weltweit kein Vergleich zu dem ist, was in meinem Inneren stattfindet.

Da eine Hälfte meines Körpers gelähmt ist, fühlten sich die rechte und die linke Seite meines Körpers Anfang der 1980er meistens deutlich anders an.

Eines Abends lag ich im Bett auf der Seite mit meinen Knien an die Brust herangezogen. Plötzlich fühlte sich meine rechte und linke Körperseite gleich an. Um das zu testen, legte ich mich flach auf den Rücken und hob dann mein linkes Bein, das ich gewöhnlich unter den besten Bedingungen nur ein paar Zentimeter heben konnte. Jetzt hob ich es ganz leicht bis zum 90 Grad Winkel an.

Mein erster Gedanke war ein verschmitztes Gefühl der Freude:
Hier werden kleine Wunder vollbracht!

Wenn der Körper einmal eine Übung gelernt hat, kann er sie auch später wiederholen, obwohl man das Gefühl für eine Weile verliert.


Von da an war ich überzeugt, dass meine Beweglichkeit vollständig zurückkehren könnte.
Es ist nur eine Frage der Zeit, wenn ich eine Verbindung zu den Kräften bekomme, die dies möglich machen.
Ich erinnerte mich an diese Sache, als vor einigen Jahren eine Freundin mir am Telefon erzählte, dass sie mit Yoga angefangen hatte.

Auf einen Schlag war ich überwältigt von meinen Übungen und Erfahrungen. Gedanken, die mit meiner Behinderung zu tun hatten, bestürmten meinen Kopf und mir kam das zerdrückende Gefühl, dass ich mich selbst verraten hatte. Zu unserer Überraschung brach ich in Tränen aus.

Ich hatte die Büchse der Pandora geöffnet und war vor Angst geblendet.
Wie ist es mir jemals möglich anderen Menschen zu vertrauen, wenn ich mir selbst nicht vertraue, dass in mir die göttliche Kraft wirkt, und keine bösen Geister und Dämonen.

Aus Angst hatte ich die Macht meinem Ego gegeben, was nur der Schatten von dem ist, was ich wirklich bin. In diesem Moment beschloss ich, alles zu machen, um über meinen Schatten zu springen.